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Welche Langzeitprobleme haben Kinder mit Zwerchfellhernie?

Im Folgenden werden die möglichen, aber nicht notwendigerweise vorprogrammierten Langzeitprobleme geschildert: d. h., es ist auch gut möglich, dass Ihr Kind kaum oder keine Probleme haben wird!     

Gedeihstörung

Aufgrund der erhöhten Atemfrequenz verbrauchen Kinder mit Zwerchfellhernie allein für das Atmen deutlich mehr Kalorien als gesunde Kinder und bleiben eher zierlich.

Es kann daher eine zusätzliche Kalorienanreicherung der Nahrung (mit z. B. MCT- oder Rapsöl) sinnvoll sein. Eltern und Kinderärzte müssen daher auf eine stetige Gewichtszunahme achten, da sonst auch das Wachstum zurückbleibt. Viele Kinder entwickeln sich anfangs im unteren Perzentilenbereich (Gedeihstörung), was sich jedoch mit zunehmendem Alter bessern kann.

Trichterbrust

Sobald die Kinder selbstständig atmen und nicht mehr beatmet werden, entsteht – aufgrund der angestrengteren Atmung und des noch weichen knöchernen bzw. knorpeligen Brustkorbs – anfangs eine Trichterbrust. Diese bessert sich normalerweise mit zunehmendem Alter, d. h. mit zunehmender Lungenentfaltung und zunehmender Atmung mit dem Zwerchfell (anstatt mit der auch zwischen den Rippen angeordneten Atemhilfsmuskulatur.) Falls keine Besserung eintritt, kann später eine operative Therapie erfolgen.

Bei Infekten (und somit erneut angestrengterer Atmung) und beim Schreien kann die Trichterbrust jedoch noch länger nachweisbar sein.

Asymmetrie des Brustkorbs

Wenn eine ausgeprägte Lungenunterentwicklung besteht und die Lunge nur wenig mitwächst, bildet sich eine Asymmetrie des Brustkorbs und somit eine Trichterbrust und unter Umständen eine Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) aus. Beides ist Ausdruck der zu kleinen Lunge, gestört ist diese in Ihrer Entwicklung jedoch nicht!

Therapie der Skoliose

Die Skoliose kann durch eine regelmäßige physiotherapeutische Behandlung positiv beeinflusst werden.

Bauchwandhernie

Aufgrund eines nicht angelegten Zwerchfells (meistens im hinteren und seitlichen Bereich) muss der „Patch” zur festen Verankerung um die Rippen genäht werden. Hierbei werden Nerven, die unterhalb der Rippen verlaufen und die Bauchwand innervieren unter Umständen geschädigt, sodass bei Betätigung der Bauchpresse (z. B. beim Schreien) eine Ausbeulung des Bauchs (Bauchwandhernie) resultiert – dies sieht etwas komisch aus, ist aber nicht schlimm und verwächst sich mit zunehmendem Alter!

Gastroösophagealer Reflux

Insbesondere bei Kindern mit linksseitiger Zwerchfellhernie und großen Zwerchfelldefekten sind der Durchtritt der Speiseröhre durch das Zwerchfell und der Übergang zum Magen manchmal nicht richtig angelegt, wodurch ein Rückfluss von Nahrung aus dem Magen in die Speiseröhre begünstigt wird (Refluxkrankheit). Hierdurch kommt es zu Erbrechen nach den Mahlzeiten, was sich normalerweise mit zunehmendem Gedeihen im ersten Lebensjahr bessert.

Bei ausgeprägtem gastroösophagealem Reflux kann es zu gehäuften Infekten, Atemaussetzern und einer Gedeihstörung kommen, weshalb dann eine Behandlung notwendig ist.

Diagnostik

Zur Überprüfung der Anatomie sollte eine Röntgenuntersuchung (Magen-Darm-Passage, MDP) durchgeführt werden. Die Häufigkeit und Dauer der Refluxe sowie die Neutralisierungsfähigkeit der Speiseröhre können mit einer 24-Stunden pH-Metrie oder Impedanzmessung, das Ausmaß einer Speiseröhrenentzündung mit einer Magen-Darm-Spiegelung beurteilt werden.

Therapie

Behandelt wird zunächst mit Magensäureblockern (Antra®) und in ausgeprägten Fällen mit einer erneuten Operation, in der gegebenenfalls eine Ernährungssonde in den Darm (Jejunostoma) platziert werden kann. Eine Rekonstruktion des Zwerchfelldurchtritts der Speiseröhre ist erst nach etwas Wachstum des Kindes möglich (dritter bis zwölfter Lebensmonat).

Rezidiv

Im Rahmen des Wachstums kann erneut eine Lücke im Zwerchfell (Rezidiv) entstehen, wenn das Zwerchfell nicht schnell genug mit dem Kind mitwächst.

Das Rezidiv-Risiko ist in den ersten zwei Lebensjahren am größten, da die Kinder hier entsprechend schnell wachsen.

Symptome

Da dies ein langsamer Vorgang ist, bemerken die Eltern häufig keine Veränderungen. Es kann ein Gluckern im Brustkorb auffallen. Wenn der Dickdarm betroffen ist, kann es zu einer Veränderung des Stuhlverhaltens kommen. Wenn die Durchblutung der hochgerutschten Bauchorgane gestört ist (Einklemmung = Inkarzeration), kommt es plötzlich zu starken Schmerzen und später zu Fieber.

Diagnostik

Im Rahmen unserer Nachsorge wird daher routinemäßig auch immer ein Röntgenbild des Brustkorbs und im Zweifel eine Kontrastmitteldarstellung angefertigt, um ein Rezidiv diagnostizieren zu können.

Erneute Operative Therapie

Eine erneute Operation ist dann unumgänglich, wenn eine Einklemmungsgefahr besteht.

Kegelpatch senkt Rezidivrisiko

Durch Verwendung des „Kegelpatchs” konnte das Rezidivrisiko in Mannheim auf nur acht Prozent reduziert werden, d. h., dass trotz großer Zwerchfelldefekte bei 92 Prozent der überlebenden Kinder die erste Operation erfolgreich ist.

Darmverschluss

Bei Kindern, bei denen das Zwerchfell über einen Bauchschnitt rekonstruiert wurde, besteht das seltene Risiko eines Darmverschlusses durch Verwachsungen (Ileus). Der Darmverschluss kann prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten.

Symptome

Typischerweise beginnen die Symptome wie Erbrechen (gallig, später auch stuhlig) plötzlich und aus dem Wohlbefinden heraus. Den Kindern geht es rasch schlechter und sie verweigern häufig das Trinken oder Essen komplett. Im Gegensatz zum Magen-Darm-Infekt besteht anfangs kein Fieber.

Diagnostik

Im Ultraschall und Röntgen des Bauchs ist die Diagnose rasch zu stellen.

Therapie

Zunächst kann versucht werden, durch Entlastung des Darms (Magensonde, Einläufe) eine Lösung des Darmverschlusses zu bewirken. Ist dies nicht erfolgreich, muss eine erneute Operation zur Lösung der Verwachsungen erfolgen.

Es sollte rasch ein Arzt zur weiteren Abklärung aufgesucht werden – wenn Sie sich unsicher sind, können Sie gerne telefonisch Rücksprache mit uns halten.

Lungenhochdruck

Unmittelbar nach der Geburt bereits eines der Hauptprobleme, kann der Lungenhochdruck (pulmonaler Hypertonus = PPHN) auch über einen längeren Zeitraum fortbestehen.

Ursache

Lungenhochdruck kommt dadurch zustande, dass die Lungengefäße nicht richtig angelegt sind, wodurch eine Widerstandserhöhung im Lungengefäßbett resultiert. Normalerweise ist der Blutdruck im Lungenkreislauf deutlich geringer als im großen Kreislauf. Aufgrund des erhöhten Gefäßwiderstands muss das rechte Herz mehr Kraft aufbringen, um dennoch genügend Blut zur Sauerstoffanreicherung durch die Lunge zu pumpen. Hierdurch verdickt sich der Herzmuskel und der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt unter Umständen auf Werte des großen Kreislaufs an.

Diagnostik & Therapie

Es sind deshalb regelmäßige Herzultraschalluntersuchungen und eventuell auch eine Herzkatheteruntersuchung notwendig. Bei nachweisbaren Einengungen der großen Lungengefäße kann hierüber eine Aufdehnung erfolgen.

Die Veränderungen in den kleinen Lungengefäßen können jedoch nicht interventionell behandelt werden. Es ist eine medikamentöse Behandlung erforderlich, die zu einer Weitstellung der Lungengefäße führt.

Dies kann zum einen eine längerfristige Sauerstoffbehandlung über eine Nasenbrille sein, zum anderen wird Viagra® (Sildenafil) gegeben. Zusätzlich werden entwässernde Medikamente (Lasix®, Furosemid®, Aldactone®) eingesetzt. Anfangs ist ggf. eine Dosisanpassung bei Gewichtszunahme notwendig. Mit der Zeit ist ein Ausschleichen der Medikamente möglich, sie dürfen nie abrupt abgesetzt werden!

Atemnot bei Infekten der Atemwege

Aufgrund der Lungenunterentwicklung sind diese Kinder bei Infekten der oberen Luftwege – Bronchitis oder Lungenentzündungen (Pneumonie) – gefährdet. Es kann vorkommen, dass die wenigen Lungenbläschen mit Schleim zulaufen und damit nicht mehr zur Sauerstoffanreicherung des Blutes zur Verfügung stehen. Hierdurch kommt es zu Atemnot und erneut höherem Sauerstoffbedarf.

Symptome

Wenn Ihnen eine angestrengtere Atmung (Verschlimmerung der Trichterbrust, Einziehungen zwischen den Rippen und am Hals, eine blass-graue Hautfarbe, ein bläuliches Mund-Nase-Dreieck, Nasenflügeln) auffällt, sollten Sie umgehend einen Arzt aufsuchen. Eine frühzeitige Therapie mit Antibiotika, Inhalationen und Sauerstoffbrille kann notwendig werden.

Bei einigen Kindern ist eine dauerhafte Inhalationstherapie sinnvoll, wenn die Bronchien häufig eng gestellt sind (Obstruktion, Asthma bronchiale).

Entwicklungsverzögerung

Kinder, die lange auf der Intensivstation beatmet waren, entwickeln sich etwas verzögert, d. h., die sogenannten entwicklungsphysiologischen Meilensteine werden verzögert erreicht (sie fangen später an zu sitzen, zu krabbeln und zu laufen, auch die Sprachentwicklung kann verzögert sein).

Physio- und Ergotherapie

Kindern mit einer schweren Lungenunterentwicklung und Gedeihstörung fehlt manchmal die muskuläre Kraft zum Laufen, weshalb dieses dann verzögert erlernt wird. Zur Förderung und zur Stärkung der Muskulatur ist eine physio- und ergotherapeutische Behandlung sinnvoll – allerdings nur, wenn diese Ihr Kind nicht zu sehr stresst (der Säugling sollte nicht andauernd schreien und schweißgebadet sein!).

Es wird aufgeholt ...

Die meisten Kinder entwickeln sich dann aber völlig normal und sind körperlich aktiv. Sie kennen nur bei größeren Anstrengungen Ihre Grenzen (z. B. schnelles und langes Rennen). Die meisten Eltern schicken Ihre Kinder auch in normale Kindergärten und Schulen.

Weitere Fehlbildungen

Bei Kindern mit angeborener Zwerchfellhernie können auch weitere Fehlbildungen vorkommen.

Fehlbildungen des Herzens

Am häufigsten sind hierbei Veränderungen des Herzens, die nicht unbedingt einen Krankheitswert haben und lediglich nachkontrolliert werden müssen, z. B. Loch der Herzscheidewand (auf Vorhofebene = ASD, auf Kammerebene = VSD). Es gibt aber auch Fehlbildungen des Herzens, die u. U. selbst einer operativen Therapie bedürfen.

Fehlbildungen der Niere

Am zweithäufigsten ist die Niere betroffen – auch hier gibt es wieder unterschiedliche Ausprägungsgrade (Nierenzyste, erweitertes Nierenbecken = Hydronephrose, Harnleiterabgangsstenose, Nichtanlage der Niere = Nierenagenesie).

Hodenhochstand

Bei Jungen kann ein ein- oder beidseitiger Hodenhochstand auftreten, der bei Persistenz über das erste Lebensjahr hinaus hormonell oder operativ behandelt werden muss, um einer Funktionsstörung und bösartigen Entartung vorzubeugen.

Weitere Begleitfehlbildungen

Des Weiteren können sich seltene Begleitfehlbildungen an Lunge (Lungensequester), Milz (Nebenmilzen) und Darm (Nichtdurchgängigkeit = Atresie, Doppelanlage = Darmduplikatur, Verwachsungen, Fehlrotation =  Dünndarm links, Dickdarm rechts) finden. Sehr selten kann auch eine Nichtdurchgängigkeit der Speiseröhre assoziiert sein (Ösophagusatresie).

Diese Begleitfehlbildungen können ebenfalls bereits pränatal auffallen oder werden intraoperativ festgestellt und mitversorgt.

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