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Lebendnierenspende

Allgemein

Aufgrund der Organknappheit beträgt die Wartezeit eines Patienten auf der EUROTRANSPLANT-Warteliste ca. 5 bis 6 Jahre. Mit einer Lebendnierentransplantation lässt sich die Wartezeit verkürzen oder unter Umständen sogar ganz umgehen. Damit ist es möglich eine Dialysepflichtigkeit kurz zu halten oder zu vermeiden.

Mit anderen Worten, der Transplantationszeitpunkt ist bei Verfügbarkeit eines Lebendspenders planbar. Die Organübertragung ist daher unter bestmöglichen medizinischen Bedingungen durchführbar. Besonders günstig wirkt sich die kurze Zeit zwischen der Nierenentnahme und der Nierenimplantation aus. Daher ist die Erfolgschance einer Lebendspende am besten.

Dies gilt auch für die Organübertragung bei nichtverwandten Personen, die unterschiedliche Gewebsantigene aufweisen.

Spenderevaluierung
Voraussetzung für die Lebendnierenspende

Gesunde Personen kommen für eine Lebendnierenspende in Frage. Eine Grundvoraussetzung ist, dass die Nierenspende freiwillig erfolgt und die Motivation zur Nierenspende eine enge Familienbindung, Freundschaft oder partnerschaftliche Liebe ist. Bei Nierenspendern handelt sich daher zumeist um Eltern, Geschwister, Ehepartner oder Lebensgefährten.

Ausschlusskriterien

Bluthochdruck oder Übergewicht (Normalgewicht höchstens 15% überschreiten) sollten nicht vorliegen, ebenso wie andere internistische Erkrankungen (Diabetes mellitus oder Herzkrankheiten).

Weitere Ausschlusskriterien für eine Nierenspende bösartigen Erkrankungen, Abhängigkeiten von Medikamenten, von Drogen oder Alkohol und psychische Erkrankungen. Die Blutgruppen müssen nicht unbedingt übereinstimmen. Mittlerweile ist es möglich, durch ein spezielles Verfahren auch Blutgruppen-inkompatible Nierentransplantationen vorzunehmen. Inwiefern ein solches Verfahren bei der Lebendnierenspende eingesetzt werden kann, ist über die Transplantationssprechstunde zu klären.

Bei einem nierengesunden Menschen kann eine Niere entfernt werden, ohne dass sich Einschränkungen der Gesundheit ergeben. Der gesunde Nierenspender kann also nach der Nierenspende sein Leben wie bisher normal führen. Die Risiken der Entnahmeoperation sind sehr gering.

Risiken

Das Letalitätsrisiko (Tod infolge einer Nierenentnahme beträgt 0,03 bis 0,06 %). Andere Komplikationen wie Wundinfekte, Blutungen, Thrombosen, Lungenembolien oder Lungenentzündung sind selten. Schwerwiegende Komplikationen entwickeln sich höchstens in 1% der Fälle. Im weiteren Verlauf sind wie bei jeder Operation Narbenbildungen oder Narbenbrüche möglich.

Die Frage, in wie weit eine einseitige Nierenentnahme zu einem höheren Risiko für Bluthochdruck führt, ist nicht ganz geklärt. In Einzelfällen wurde eine vermehrte Eiweißausscheidung der verbliebenen Niere beobachtet. Im seltenen Fall einer später auftretenden bösartigen Nierenerkrankung oder eines Traumas (Verkehrsunfall) kann bei einem Spender eine Dialysenotwendigkeit eintreten. Die juristischen Voraussetzungen für eine Organentnahme bei lebenden Organspendern sind im Transplantationsgesetz von 1997 (aktualisiert 2012) gesetzlich geregelt worden, es besteht diesbezüglich also Rechtssicherheit (Informationen http://www.gesetze-im-internet.de/tpg/index.html ).

Lebendspende bei Blutgruppenungleichheit
(ABO-Inkompatibilität)

Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 30% der möglichen Lebendnierentransplantationen allein wegen Blutgruppenunverträglichkeit nicht weiter in Betracht gezogen werden. Blutgruppenverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger galt bisher als Voraussetzung für die Durchführbarkeit einer Nierentransplantation. Blutgruppenmerkmale (sog. Antigene der Blutgruppen AB0) werden außer auf Blutkörperchen auch in zahlreichen Organen gebildet.

Bei einer nicht blutgruppenverträglichen Transplantation drohen daher Immunreaktionen. Diese Immunreaktionen können den Empfänger gefährden und eine Abstoßung der Niere hervorrufen. Durch ein spezielles Verfahren kann man diese Barriere jetzt durchbrechen. Durch die Verfügbarkeit hochspezifischer Immunabsorber (Reinigungsfilter) können ABO-Autoantikörper präoperativ selektiv und nebenwirkungsfrei aus dem Blut des Empfängers entfernt werden.

Der Einsatz spezieller Antikörper, die auch bei Immunerekrankungen wie Rheuma (rheumatoide Arthritis) zur Anwendung kommen, ermöglicht es uns heutzutage auf die Entfernung der Milz zu verzichten. Die immunsuppressive Therapie zur Vorbeugung von Transplantatabstoßungen kann mit einem gebräuchlichen Regime, das auch bei blutgruppenkompatibler Nierentransplantation zur Anwendung kommt, durchgeführt werden.

Internationale Erfahrungen haben gezeigt, dass es auf diese Weise möglich ist, blutgruppeninkompatible Transplantationen mit vertretbarem Risiko durchzuführen und vergleichbare Langzeitergebnisse wie nach ABO kompatibler Nierentransplantation zu erreichen.

Lebendspendeoperation

Bei der Lebendspende kommt der Spendersicherheit und der Minimierung des Operationstraumas die größte Bedeutung zu. Die Lebendnierenspende kann mit Hilfe der sog. "Schlüssellochtechnik" durchgeführt werden. Dabei wird ein kleiner Schnitt knapp oberhalb des Schambeines (ähnlich wie beim Kaiserschnitt) ausgeführt.

Über diesen Zugang kann der Operateur mit einer Hand im Bauchraum tasten und gleichzeitig unter Kamerakontrolle mit besonderen Instrumenten die Spenderniere entnehmen. Unmittelbar nach der Entnahme wird die Niere mit einer speziellen Lösung gespült und gekühlt. Bei dem Spender verbleiben feine Klammernahtreihen, die zum Verschluss der zur Niere führenden Blutgefäße notwendig sind.

Nach dem etwa 2-3 stündigen Eingriff wird der Patient nach einer kurzen Beobachtungsphase auf Normalstation übernommen. Bereits am Abend darf der Patient Flüssigkeit und am Folgetag wieder Nahrung zu sich nehmen. Bei geringem Schmerzmittelbedarf, einer kosmetisch unauffälligen und praktisch nicht sichtbaren Narbenregion besteht der Vorteil in einem kurzen Krankenhausaufenthalt von wenigen Tagen.

Die sich unmittelbar anschießende Übertragung der Niere auf den Empfänger kann ohne zeitliche Verzögerung durchgeführt werden. Dadurch wird die Zeit in der das Transplantat nicht am Körperkreislauf angeschlossen ist kurz gehalten.

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