Der Neurologe Professor Dr. med. Michael Platten erhielt heute, am 15. April 2024, den Paul-Martini-Preis für die Entwicklung therapeutischer Impfstoffe gegen maligne Hirntumore. Platten ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Der Preis wird jährlich von der Paul-Martini-Stiftung, Berlin, für herausragende Leistungen in der klinisch-therapeutischen Arzneimittelforschung verliehen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert.
Professor Dr. Stefan Endres, Ludwig-Maximilians-Universität München, leitete die sechsköpfige Jury. Diese begründete die Zuerkennung des Preises wie folgt: „Gestützt auf Detailkenntnisse über die Krebszellen und die Mikroumgebung in Hirntumoren entwickelt Professor Platten mit seinem Team therapeutische Impfstoffe, die tatsächlich Wirksamkeit zeigen, wo andere Therapien versagen. Auch wenn sie sich erst noch in weiteren Studien bewähren müssen, macht das Patienten und Patientinnen mit heute noch schwer behandelbaren Hirntumoren Hoffnung. Und es stärkt die Erwartung, dass Tumorimpfungen in Zukunft auch gegen andere Krebsarten einsetzbar werden.“
Platten forscht insbesondere zu Gliomen. Die Prognose der Betroffenen mit diesen Hirntumoren ist meistens sehr schlecht: Ein vollständiges chirurgisches Entfernen ist nur in seltenen Fällen möglich, und Rezidive nach Strahlen- oder Chemotherapie sind die Regel. Jährlich sterben rund 6.000 Menschen in Deutschland an einem Gliom.
Das Wirkprinzip der neu entwickelten Impfungen erläutert Professor Platten so: „Mutationen im Erbgut der Tumorzellen führen häufig zu krebstypisch veränderten Proteinen. Ein Impfstoff kann das Immunsystem der Patienten und Patientinnen auf solche mutierten Proteine aufmerksam machen, sodass es T-Zellen auf die entsprechenden Zellen ansetzt.“
Einer der von Professor Platten und seinem Team entwickelten Impfstoffe lenkt Immunzellen auf Gliomzellen, die ein durch Mutation verändertes Protein IDH1 aufweisen. In einer ersten Studie mit Patienten löste der Impfstoff im Tumorgewebe die erwünsche Immunreaktion aus und erwies sich als sicher. 72 Prozent der vollständig Geimpften lebten noch sechs Jahre nach der Impfung.
Mit einem weiteren Impfstoff sollen Mittelliniengliome bekämpft werden. Sie bilden sich in der Nähe des Hirnstamms und zeichnen sich häufig durch ein mutiertes Histon-H3-Protein aus. Ein dagegen gerichteter Impfstoff erwies sich in einer ersten Studie mit Betroffenen als sicher und löste auch die erwartete Immunreaktion aus.
In nachfolgenden Studien soll unter anderem untersucht werden, ob Auffrischimpfungen die Therapieergebnisse noch verbessern können.
Parallel zur Impfstoffentwicklung erforscht Platten mit seinem Team auch, wie die Mikroumgebung innerhalb von Gliomen die Aktivität von Immunzellen beeinflusst. Erkenntnisse darüber können helfen, therapeutische Krebsimpfungen und andere Immuntherapien wirksamer zu machen.
Der Preisträger
Professor Dr. med. Michael Platten (53) ist Direktor der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), Gründungsdirektor des Mannheim Center for Translational Neuroscience (MCTN) und Leiter der klinischen Kooperationseinheit Neuroimmunologie und Hirntumorimmunologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Schon seit einem Aufenthalt als Postdoctoral Fellow an der Stanford University (USA) von 2002 bis 2004 gilt sein Interesse der Neuroimmunologie. Unter anderem war er von 2007 bis 2013 Leiter der Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe Experimentelle Neuroimmunologie am DKFZ.
Professor Platten ist Autor oder Co-Autor von mehr als 250 Originalpublikationen. Zu den Preisen, die er für seine Arbeit erhielt, gehört unter anderem der Deutsche Krebspreis 2019 der Deutschen Krebs-gesellschaft und der Deutschen Krebsstiftung.
Die Paul-Martini-Stiftung
Die gemeinnützige Paul-Martini-Stiftung mit Sitz in Berlin fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden Pharmaindustrie, anderen Forschungseinrichtungen und Vertretern der Gesundheitspolitik und der Behörden. Träger der Stiftung ist der vfa, Berlin, mit seinen derzeit 48 Mitgliedsunternehmen.
Die Stiftung ist benannt nach dem Bonner Wissenschaftler und Arzt Professor Paul Martini (1889-1964) in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Förderung und Weiterentwicklung der klinisch-therapeutischen Forschung, die er mit seiner 1932 veröffentlichten „Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung“ über Jahrzehnte wesentlich geprägt hat.