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Zwerchfellhernie

Bei vorgeburtlichen Untersuchungen können viele Erkrankungen und Fehlbildungen schon im Bauch der Mutter entdeckt bzw. ausgeschlossen werden. Bei etwa einem von 2.500 Kindern findet sich ein Loch im Zwerchfell – eine so genannte Zwerchfellhernie. Rund die Hälfte dieser Kinder ist ansonsten vollkommen normal entwickelt und hat keine anderen Fehlbildungen.

Dennoch kann eine solche Zwerchfellhernie für betroffene Kinder fatale Folgen haben: Durch den fehlenden Verschluss des Zwerchfells sind Bauch und Brusthöhle nicht voneinander getrennt, so dass sich Bauchorgane wie Leber, Magen, Darm und Milz in die Brusthöhle des Kindes verlagern. Schon im Mutterleib werden die Lungen des Babys dadurch zusammengedrückt und in ihrer Entfaltung stark beeinträchtigt. Kommt das Kind so zur Welt, sind die Lungen wegen des Platzmangels oft lebensbedrohlich unterentwickelt.

Behandlung von Zwerchfellhernien

Um die Überlebenschancen für Ungeborene mit selbst kleinsten Lungen zu erhöhen, führt das DZFT einen minimal-invasiven vorgeburtlichen Eingriff durch: Ein zeitweiser Verschluss der kindlichen Luftröhre (Fetoskopische Tracheal-Ballonokklusion) über einen Zeitraum von zwei bis vier Wochen verhindert, dass die Flüssigkeit, die normalerweise von der Lunge gebildet wird, ins Fruchtwasser abfließen kann. Dadurch dehnt sich die Lunge aus, wächst und wird größer. Oft verbessert sich dadurch zusätzlich auch die Durchblutung der Lungen. Professor Kohl, der Leiter des DZFT, hat diese Operationstechnik mitentwickelt und 2003 in Deutschland erstmals eingeführt.

Von den bei uns behandelten Kindern überleben rund 80 Prozent mit schweren rechtsseitigen und 70 Prozent der Kinder mit linksseitigen Zwerchfellhernien. Diese hohe Überlebensrate erreichen wir in enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Neonatologie des Universitätsklinikums Mannheim, die auf die Behandlung von Neugeborenen mit Zwerchfellhernie nach der Geburt spezialisiert ist. Ohne Behandlung im Mutterleib liegt die geschätzte Überlebensrate bei beiden Krankheitstypen nur bei rund 30 Prozent.

Am DZFT wird der vorgeburtliche Eingriff bei Zwerchfellhernien in mütterlicher Lokalanästhesie durchgeführt – bevorzugt ab der 34. Schwangerschaftswoche, um Ihrem Kind möglichst optimale Voraussetzungen für den Start ins Leben zu schaffen. Die Strategie, die Luftröhre gezielt erst zu einem späten Zeitpunkt der Schwangerschaft zu verschließen, wurde vom Leiter des DZFT, Professor Thomas Kohl, zusammen mit seinem Kollegen Professor Thomas Schaible, Direktor der Klinik für Neonatologie, erarbeitet und hat sich seit Jahren bewährt: Zu diesem Zeitpunkt sind die Babys bereits groß genug und so weit entwickelt, dass nach der Geburt alle intensivmedizinischen Maßnahmen – inklusive einer zeitweisen Kunstlungentherapie (ECMO) – genutzt werden können. Schwerwiegende Komplikationen als Folge einer Frühgeburt treten zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft nur noch sehr selten auf – ein weiteres Argument für dieses Behandlungsverfahren von Zwerchfellhernien.

Zur exakten Diagnose der Zwerchfellhernie kann schon ab der 27. Schwangerschaftswoche im Ultraschall gut abgeschätzt werden, wie ausgeprägt die Zwerchfellhernie bei Ihrem Kind ist. Ab der 32. Schwangerschaftswoche helfen spezielle sonographische Untersuchungen sowie eine Kernspintomographie, die Größe und Funktionsfähigkeit der kindlichen Lungen nach der Geburt noch sicherer abzuschätzen. Zu diesem Zeitpunkt entscheidet sich, ob ein vorgeburtlicher Eingriff sinnvoll ist und zur Verbesserung der Prognose Ihres Kindes durchgeführt werden sollte.

Wichtig

Sollte die werdende Mutter bereits zwischen der 25. und 33. Schwangerschaftswoche bemerken, dass ihr Bauch unangenehm stark gespannt ist, sollte sie sich umgehend an eine Klinik wenden, die auf vorgeburtliche Eingriffe spezialisiert ist! Ursache ist nämlich fast immer eine deutlich vermehrte Fruchtwassermenge (Polyhydramnion), die vorzeitige Wehen, Muttermundsverkürzung, Blasensprung und sogar eine Frühgeburt auslösen kann. Grund für die erhöhte Fruchtwassermenge ist vermutlich das durch die Zwerchfellhernie ermöglichte Vordringen des Magens in den Brustraum des Kindes. Dadurch kann die Speiseröhre abknicken, so dass das Ungeborene kein Fruchtwasser über den Magen-Darm-Trakt aufnehmen und über den Mutterkuchen in den mütterlichen Kreislauf außerhalb der Gebärmutter zurückgeben kann.

Bestätigt sich der Verdacht, muss die überschüssige Fruchtwassermenge umgehend entfernt werden. In einem solchen Sonderfall sollte bei sehr kleinen Lungen gleichzeitig der fetoskopische Verschluss der kindlichen Luftröhre entsprechend früher erfolgen – zögern Sie also nicht, im Verdachtsfall das DZFT oder eine andere auf derartige pränatale Eingriffe spezialisierte Klinik zu kontaktieren!

Zwerchfellhernie und ECMO

Für fast alle vorgeburtlich operierten Neugeborenen mit Zwerchfellhernie ist es überlebenswichtig, in den ersten Lebensstunden mit ECMO behandelt zu werden. ECMO bedeutet "Extrakorporale Membranoxygenierung" und ist eine intensivmedizinische Behandlung, bei der eine Maschine das Atmen für die kleinen Patienten teilweise oder vollständig übernimmt. Zur Durchführung der ECMO-Therapie bei Kindern mit Zwerchfellhernie empfiehlt die international anerkannte amerikanische Extracorporate Life Support Organization (ELSO) ausschließlich Zentren, die Erfahrung auf diesem Gebiet haben, die also mindestens zehn ECMO-Einsätze an Kindern mit Lungenerkrankungen pro Jahr durchführen.

Informieren Sie sich! Unabhängig davon, ob Sie Ihr "Sorgenkind" vorgeburtlich bei uns oder in einer anderen Einrichtung behandeln lassen: Im Behandlungsplan sollte unbedingt vorgesehen sein, es nur an einer Klinik zu entbinden oder dorthin verlegen zu lassen, deren ärztliches und pflegerisches Personal ausreichend Erfahrung mit ECMO besitzt. Daher werden die am DZFT vorgeburtlich behandelten Kinder fast ausschließlich in der Klinik für Neonatologie des Universitätsklinikums Mannheim entbunden (oder wenn sie ausnahmsweise doch einmal woanders zur Welt kommen, nach ihrer Geburt dorthin verlegt). Das Mannheimer ECMO-Zentrum hat über 30 Jahre Erfahrung und behandelt etwa 50 Kinder pro Jahr mit Zwerchfellhernien, rund ein Drittel davon mit ECMO.

Kontakt

Bei Fragen zur minimal-invasiven vorgeburtlichen Behandlung der fetalen Zwerchfellhernie sowie zur Einschätzung der nachgeburtlich zu erwartenden Lungenfunktion kontaktieren Sie uns bitte montags bis freitags zwischen 10 und 17 Uhr unter 0175/597-1213. Falls wir Ihren Anruf nicht persönlich entgegen nehmen können, hinterlassen Sie bitte Ihren Namen und Ihre Telefonnummer auf dem Anrufbeantworter, damit wir Sie zurückrufen können oder senden Sie uns eine E-Mail an thomas.kohl@remove-this.umm.de.

Sollten Sie sich bereits zur Durchführung eines Eingriffs an einer anderen Klinik entschieden haben: Wir beraten Sie auch in diesem Fall gern und bieten eine prognostische Zweit-Einschätzung der Erkrankung Ihres Kindes an.

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